Am Freitag, den 27. September, machten wir uns auf den Weg zur iranischen Grenze, um über den Irak nach Kuwait einzureisen. Wir erreichten die Grenzstation kurz vor 15 Uhr. Die iranische Seite der Grenze war groß – eine riesige Anlage, fast wie ein Flughafenterminal, komplett klimatisiert, mit einem großen Vorplatz, einem Tor und Parkplätzen davor.
Nachdem wir uns erkundigt hatten, wie der Prozess abläuft, wurde uns mitgeteilt, dass wir unser Auto parken und zu Fuß in die Halle gehen mussten, um unsere Pässe stempeln zu lassen. Also parkten wir Frau Bollinger und machten uns auf den Weg ins Gebäude. Der Temperaturunterschied war heftig – draußen herrschten 46°C, drinnen fühlte es sich wie -10°C an. Kaum angekommen, wurden wir von einem Fixer angesprochen, ohne sofort zu merken, dass er einer war. Fixer sind Personen, die gegen Bezahlung helfen, die Grenzformalitäten zu erledigen. Er zeigte uns, wohin wir gehen sollten. Wir mussten durch eine Gepäckkontrolle, die ich gar nicht bemerkte und einfach mit meiner Handtasche durchlief – aufgehalten wurde ich nicht. Danach wurden unsere Pässe und Visa kontrolliert und abgestempelt – wir waren offiziell aus dem Iran ausgereist.
Nun mussten wir jedoch zurück zu unserem Van, um das Carnet de Passage (CDP) abstempeln zu lassen und mit dem Fahrzeug über die Grenze zu fahren. Der Fixer erklärte uns, dass seine Dienste 200 US-Dollar kosten würden – erst da wurde uns klar, dass er nicht nur hilfsbereit war. Wir lehnten seine Hilfe freundlich ab.
Für die Zollabfertigung fuhren wir zu einem anderen Gebäude, das komplett umzäunt war. Am Eingang eines kleinen Büros wurde uns jedoch mitgeteilt, dass die Zollstelle bereits geschlossen sei und erst am nächsten Tag wieder öffnen würde. Da wir bereits offiziell ausgereist waren, konnten wir das Gelände nicht mehr verlassen und mussten die Nacht dort verbringen. Leider lag der große Parkplatz in der prallen Sonne, was bei 46°C alles andere als angenehm war.
Hier kamen meine Arabischkenntnisse zum ersten Mal ins Spiel. Ich fragte den Beamten, ob wir die Nacht im eingezäunten Bereich der Zollabfertigung verbringen könnten, da dort einige Bäume Schatten spendeten. Zu unserer Erleichterung war dies möglich.
Nachdem wir Frau Bollinger unter den Bäumen geparkt hatten, gingen wir zurück in die klimatisierte Halle, um uns abzukühlen. Nach einer Weile kehrten wir zum Van zurück. Der freundliche Beamte bot uns dann an, eine Steckdose nach draußen zu legen, damit wir unsere Klimaanlage nutzen könnten. Wir haben eine Dometic-Klimaanlage eingebaut, die über unsere Aufbaubatterie läuft, allerdings nur für 4-6 Stunden. Dankbar nahmen wir sein Angebot an und verbrachten den Rest des Abends sowie die Nacht bei angenehmen 20°C in Frau Bollinger.
Am nächsten Morgen wurden wir gegen sieben Uhr geweckt, als die Zollmitarbeiter ihre Arbeit aufnahmen. Freundlicherweise wurde uns Tee und Wasser angeboten. Gegen 8:30 Uhr wurde das Büro besetzt und eine kompetente Beamtin erledigte die Formalitäten für das Carnet de Passage. Sie stempelte unsere Papiere, gab uns zwei Kopien des CDP und kontrollierte die Fahrzeugdaten. Natürlich wollte sie zum Schluss noch das obligatorisches Selfie mit uns, bevor wir uns verabschiedeten.
Als nächstes fuhren wir zu "Gate 3", wo unser Kennzeichen mit dem CDP abgeglichen wurde und wir eine Kopie abgaben. Danach fuhren wir über einen großen Platz, wo LKW parkten und viele kleine Geschäfte zu finden waren. Dort gaben wir unsere letzten iranischen Rial aus.
Bereit zur Weiterfahrt in den Irak, erfuhren wir jedoch, dass die Grenze wegen einer Zeremonie vorübergehend geschlossen war. Uns wurde erklärt, dass diese Zeremonien zu unregelmäßigen Zeiten stattfinden, wenn Überreste von Soldaten aus dem Iran-Irak-Krieg gefunden und symbolisch in die jeweiligen Heimatländer überführt werden. Nach etwa eineinhalb Stunden wurde die Grenze wieder geöffnet und wir konnten unsere Reise fortsetzen. Überraschenderweise wurde unser Auto bei keiner Kontrolle durchsucht – weder bei der Einreise noch bei der Ausreise. Damit können wir sagen, dass der Iran bisher das einzige Land auf dieser Reise war, in dem unser Fahrzeug nicht von innen inspiziert wurde.
Direkt hinter dem Tor aus dem Iran öffnete sich das nächste zum Irak. Wir wurden gebeten, mit hoher Geschwindigkeit ohne anzuhalten durch das Scangerät zu fahren. Danach sollten wir auf einem großen Platz parken. Aus einer Baracke kam ein uniformierter Beamter und führte uns zur nächsten. Um diese zu erreichen, mussten wir auf einem Sims zwischen der Baracke und einem Zaun balancieren und am anderen Ende hinunterspringen. In der klimatisierten Baracke wurden unsere Visa ausgestellt. Der Prozess verlief schnell: Wir füllten ein Formular aus, zeigten unsere Pässe und Iran-Visa vor. Nachdem die Visa eingeklebt waren, mussten wir im Nachbarraum bezahlen: 85 Dollar pro Person plus 25 Dollar Gebühren. Anschließend balancierten wir wieder über den Sims zurück zur ursprünglichen Baracke.
Dort erklärte uns der Beamte, dass wir Frau Bollinger stehen lassen und zu Fuß zum nächsten Tor gehen sollten, etwa 1 km entfernt. Als wir dort ankamen, schickte man uns zurück, wir sollten mit dem Auto vorfahren. Also liefen wir bei 46 Grad den gleichen Weg zurück. Beim zweiten Anlauf, natürlich ohne Auto, klappte es, und wir wurden in eine große Halle geschickt. Doch am Schalter erfuhren wir, dass wir zuerst die Formalitäten rund um unser Auto erledigen müssten.
Auf einem anderen Platz fanden wir eine Ansammlung von Baracken ohne Beschilderung, alle Türen waren geschlossen. Glücklicherweise führte uns ein netter Mann zur ersten Baracke. Dort hieß es erst einmal warten – worauf genau, wussten wir nicht. Schließlich gaben wir das CDP ab und mussten verschiedene Stempel besorgen, doch niemand wusste genau, wo. Der Offizier, der uns beim Visum geholfen hatte, war unsicher, da er den Ablauf für Ausländer nicht kannte, und ein anderer Mann sollte uns begleiten. Dieser rannte jedoch in schnellem Tempo durch den heißen Wüstensand, ohne wirklich zu wissen, wohin. Schließlich erledigten wir das ganze ohne Ihn. Fast wäre zudem etwas Schlimmes passiert: Der Begleiter verlor unseren Fahrzeugschein im Sand, doch glücklicherweise fand ihn ein Iraker und gab ihn uns zurück.
Nach etwa eineinhalb Stunden kehrten wir mit einigen Stempeln zurück, doch es fehlten noch ein paar. Also machten wir uns erneut auf den Weg. Zwischendurch trafen wir zwei Deutsche mit einem Expeditionsmobil. Als Daniel zur Fahrzeugkontrolle ging, hatte der Beamte wohl genug von der Arbeit, nachdem er das Expeditionsmobil inspiziert hatte, und stempelte unsere Papiere ab, ohne Frau Bollinger zu kontrollieren.
Nachdem wir alle Stempel hatten, zahlten wir 50 Dollar für die Autoversicherung und die Straßennutzungsgebühr. Das CDP wurde abgestempelt, und wir konnten unsere Pässe für die Ausreise stempeln lassen. Am letzten Tor gaben wir einen Zettel ab – eine der Kopien, die für die Ein- und Ausreise wichtig waren.
Nun waren wir offiziell im Irak. Die Straßen waren überraschend gut, die besten, die wir auf unserer Reise gesehen hatten. Immer wieder wurden wir von freundlichen Menschen angehalten, die uns begrüßten und Hilfe anboten. Nach 80 km erreichten wir die nächste Grenze. Eine kurze Kontrolle unseres Autos folgte, dann fuhren wir über eine große neue Straße zur irakischen Passagierhalle. Auf dem Parkplatz davor stellten wir Frau Bollinger ab und gingen zu Fuß in die Halle, um unsere Pässe zu stempeln. Hier lehnten wir die Dienste von Fixern direkt ab. Die Abfertigung unsere Pässe verlief schnell und unkompliziert. Doch die Formalitäten rund ums Auto waren erneut aufwendig: Wir mussten erneut von Baracke zu Baracke laufen, ohne dass ersichtlich war, wo was zu tun war. Glücklicherweise wechselte uns ein Iraker Geld, da hier keine Fremdwährung akzeptiert wurde, den wir mussten umgerechnet 20$ für die Abfertigung der Papiere zahlen.
Nachdem wir alle Papiere beisammen hatten, wurde das CDP gestempelt. Nach einer kurzen Fahrzeugkontrolle, bei der eine süße Hündin namens Nana durch unser Auto durfte, öffnete sich die Schranke, und einige Meter weiter waren wir an der kuwaitischen Grenze.
Die ersten Beamten warfen nur einen neugierigen Blick in unser Auto und ließen uns weiterfahren. Dann wurden in der Passagierhalle digitale Fingerabdrücke und Iris-Scans genommen – bei mir dauerte es länger, da ich auf einem Auge blind bin und der Scanner Probleme hatte. Danach erhielten wir unser Visum, welches wir online im Vorfeld beantragt hatten, in Papierform und die nächsten Beamten stempelten unsere Pässe ab.
Wir fuhren weiter und suchten das nächste Büro auf. Die Beamten dort sprachen nur Arabisch und sagten, wir bräuchten einen Übersetzer. Als ich erklärte, dass ich Arabisch spreche, freuten sie sich und führten uns in ein weiteres Gebäude, wo wir unsere Fahrzeugpapiere regeln sollten und danach wieder kommen sollten.
Wir gingen also ins nächste Gebäude, wo wir auf einen weiteren Beamten trafen, der gerade erst dabei war, seine Uniform anzuziehen. Er führte uns in einen großen Raum, der wie ein Wohnzimmer eingerichtet war, komplett mit Teppichen, Sitzgelegenheiten auf dem Boden, einer Klimaanlage und einem Fernseher. Uns wurde Tee, Wasser und Schokolade serviert, während der Beamte telefonierte, ohne zu wissen, dass ich Arabisch verstand. Er fragte nach den Formularen, die wir ausfüllen sollten, und sein Mitarbeiter brachte diese schließlich.
Das Ausfüllen der Formulare gestaltete sich schwieriger als erwartet. Der Beamte machte bei den ersten beiden Versuchen Fehler, und wir brauchten neue Formulare. Beim dritten Versuch bat er Daniel, das Kennzeichen und die FIN (Fahrzeug-Identifikationsnummer) selbst einzutragen. Als er bemerkte, dass ich Arabisch sprach, übergab er mir schließlich das Formular, damit ich es ausfülle. Ich erklärte ihm sogar die Inhalte und half ihm, die fehlenden Angaben zu ergänzen. Während Daniel etwas aus dem Auto holte, übernahm ich fast die gesamte Bearbeitung des Formulars. Nach etwa zwei Stunden waren wir endlich fertig, auch wenn uns bis heute nicht klar ist, wofür dieses Formular überhaupt notwendig war.
Danach kehrten wir zu den anderen Beamten zurück, die ebenfalls ähnliche Formulare ausfüllten. Auch hier half ich wieder, bevor wir schließlich das CDP (Carnet de Passage) abstempeln lassen konnten. Ein Beamter setzte den Stempel jedoch an der falschen Stelle, woraufhin wir ihm erklärten, wo der Stempel tatsächlich hingehörte.
Dann ging es zum "X-Ray", der Durchleuchtungsstation für Autos. Ein Passant half uns, den Weg zu finden. Nach der Durchleuchtung des Autos erhielten wir einen Zettel, den wir zurückbringen mussten. Die eigentliche Fahrzeugkontrolle verlief weniger gründlich als erwartet, und wir konnten schließlich weiterfahren. Am letzten Tor gaben wir den letzten Zettel ab und waren endlich in Kuwait.
An diesem Tag hatten wir somit vier Grenzübergänge gemacht: Ausreise Iran, Einreise Irak, Ausreise Irak und Einreise Kuwait. Insgesamt dauerte der gesamte Prozess zehneinhalb Stunden – angesichts der Zwangspause an der ersten Grenze gar nicht so schlecht.
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Kommentare
Hoch kompliziert. Gut, dass ihr studiert habt 🤓.
Biete vier Stunden für einen Grenzübergang: von Aqaba nach Nuweiba, knapp vier Stunden Einreiseformalitäten: https://planetaler.wordpress.com/2023/04/02/vor-30-jahren-mit-dem-kafer-nach-agypten-ohne-fahre-7/
LG Kai